Dieser Text ist ein Ergebnis des Forschungsprojektes des Landesverbandes Hessen
"Zur historischen Aufarbeitung auserwählter Kriegsgräberstätten in Hessen":
http://www.volksbund.de/hessen/projekte0/forschungsprojekt0.html
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 wurde der Waldfriedhof südlich
von Darmstadt angelegt. Mittlerweile haben dort insgesamt mehrere tausend Tote
des Ersten und Zweiten Weltkrieges ihre letzte Ruhe gefunden – darunter in
lokalen Kriegsgefangenenlager und Krankenhäusern verstorbene Soldaten wie auch
zivile Opfer der Luftangriffe auf Darmstadt Anfang der 1940er Jahre.
Entstehung der Kriegsgräberstätte
Seit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden auf dem Waldfriedhof, in lokalen
Lazaretten verstorbene, deutsche sowie französische, russische, belgische,
englische, US-amerikanische, italienische und serbische Soldaten bestattet. Ein
Großteil der Gräber wurden jedoch in den Jahren 1922/23 wieder ausgehoben und
die sterblichen Überreste in die entsprechenden Heimatländer überführt. Die
verbliebenen russischen und serbischen Ruhestätten wurden auf das noch heute
bestehende Gräberfeld L3f zusammengelegt.
Aus Platzmangel wurden bereits 1917 erste gefallene deutschen Soldaten auf ein
zentrales Rondell auf dem Friedhof (R8), dem sogenannten "Ehrenhain",
überführt. Bis 1919 wurden an dieser Stelle ca. 400 Gefallene bestattet. Im
Jahr 1932 wurde das Rondell durch ein riesiges Gedenkkreuz erweitert, das an
alle deutschen Soldaten, die in Kriegsgefangenschaft gestorben sind, erinnern
sollte. Es trägt die Inschrift: "Ihr seid uns unvergessen" und bildet bis heute
den Mittelpunkt der zentralen Anlage. Ende der 1950er Jahre wurde das Rondell
renoviert und dient seither als Mahnmal für alle Opfer des Krieges.
Opfer der Darmstädter "Brandnacht"
Zwischen 1940 und 1944 wurde Darmstadt insgesamt 36 Mal von alliierten
Lufttruppen bombardiert. Bei einem Großangriff der Royal Airforce in der Nacht
zum 12. September 1944 wurde fast die gesamte Alt- und Innenstadt von Darmstadt
zerstört; ca. 12.000 Menschen starben.
Ein Großteil der zivilen Opfer wurde in einem Massengrab im Zentrum des
Rondells und in einem naheliegenden Sammelgrab auf dem Waldfriedhof beigesetzt.
Die genaue Anzahl lässt sich dabei nicht mehr genau rekonstruieren, da ein
Großteil der Leichen nicht mehr identifiziert werden konnte.
Heute erinnern Bronzetafeln mit knapp 4.000 Namen an der unteren Mauer des
Rondells an die Darmstädter Bürgerinnen und Bürger, die bei dem Luftangriff ihr
Leben verloren haben. Im Bogen um das Sammelgrab der Bombenopfer befinden sich
heute, neben den Gräbern der verstorbenen Soldaten des Ersten Weltkriegs, auch
noch knapp 300 Ruhestätten von gefallenen Wehrmachtsangehörigen aus dem Zweiten
Weltkrieg.
Ausländische Arbeitskräfte in Darmstadt
Fast schon versteckt hinter dem Rondell, im hinteren Teil des Friedhofs,
befinden sich mehrere Grabfelder für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter,
die während des Krieges 1939 bis 1945 in Darmstadt und Umgebung ihr Leben
lassen mussten. Die Opfer kamen aus Belgien, Estland, England, Frankreich,
Ukraine, Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien, Italien, Litauen, Russland, der
Schweiz und Polen.
Auf dem vorderen Sammelgrab (R9e) wurde ein Stein als Mahnmal wurde
aufgestellt. Er trägt lediglich die Inschrift "Den Toten des Krieges
1939-1945". Auf einem weiteren, abgelegeneren, Sammelgrab (R14f) befindet sich
eine im Boden eingelassene Bronzetafel auf der man lesen kann:
"Zum Gedenken an die russischen Toten des Zweiten Weltkrieges 1939-1945".
Genauere Informationen zu den Lebens- und Todesumständen der Verstorbenen sind
bisher nicht ersichtlich.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden durch die Einberufung der Soldaten
Arbeitskräfte im Deutschen Reich knapp. Um die Verluste auszugleichen wurden
Kriegsgefangene, später auch Zivilisten, aus den besiegten Ländern zurück nach
Deutschland verschleppt. Dort mussten sie in der Industrie, der Landwirtschaft,
in privaten Haushalten und anderen Bereichen arbeiten.
Auch das Darmstädter Unternehmen Merck beschäftigte ab 1939 ausländische
Arbeitskräfte. Nach eigenen Angaben arbeiteten in der chemisch pharmazeutischen
Fabrik bis zu ihrer Zerstörung im Dezember 1944 insgesamt 1654 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter aus dem Ausland, darunter u. a. aus Italien, Frankreich, Polen,
Russland und Holland.
Einige sind nach Kriegsende in ihre Heimatländer zurückgekehrt, einige sind
jedoch während ihrer Arbeit in Darmstadt gestorben und wurden anonym bestattet,
während andere ein gekennzeichnetes Grab auf dem Waldfriedhof erhalten haben.
Einer von ihnen war der Pole Jan Labenski. Er kam nicht als Kriegsgefangener
nach Deutschland, sondern offiziell als "Zivilarbeiter". Im März/April 1945
besetzten US-amerikanische Truppen Darmstadt. Nach offiziellen Angaben beging
Jan Labenski zwei Monate später, am 21. Mai, "Selbstmord durch Erhängen" - zehn
Tage nach seinem 26. Geburtstag. Er wurde auf dem Waldfriedhof im Grab mit der
Bezeichnung "R 14 f 57" bestattet.
Deutschland
Darmstadt - Waldfriedhof
Gesamtbelegung: 7.905 Tote
Gesamtbelegung: 7.905 Tote
Ansprechpartner