Auf vier Kriegsgräberstätten in Ahlen ruhen insgesamt 492 Tote des Zweiten
Weltkrieges. Die meisten von ihnen haben auf dem Ostfriedhof (99 deutsche
Kriegstote auf einem separaten Gräberfeld, 127 sowjetische und zwei unbekannte
Kriegstote) und hier auf dem Westfriedhof (241 deutsche Kriegstote und ein
ungarischer Kriegstoter) eine letzte Ruhestätte bekommen. Auf dem Friedhof im
Ortsteil Dolberg gibt es noch 5 Kriegsgräber (ein deutscher, ein russischer,
ein polnischer und 2 unbekannte Kriegstote) und auf dem katholischen Friedhof
im Ortsteil Vorhelm 17 Kriegsgräber (13 deutsche und 4 russische Kriegstote).
Unter den Kriegstoten auf den Ahlener Friedhöfen befinden sich auch Zwangs- und
Fremdarbeiter. Sie stammten aus Russland, Polen, Kroatien, der Ukraine, den
Niederlanden, Belgien und Italien. Die niederländischen, belgischen und
italienischen Kriegstoten wurden nach dem Kriege exhumiert und in die Heimat
überführt.
Ahlen gehörte zu den ersten deutschen Städten, auf die Bomben fielen. Es
handelte sich allerdings noch nicht um gezielte Angriffe. Meist waren es
einzelne alliierte Flugzeuge, die von einem Angriff weiter östlich zurückkamen
und den Rest ihrer tödlichen Ladung auf dem Rückflug wahllos abwarfen. Die
ersten Bomben fielen bereits in der Nacht zum 20. Juni 1940 auf die
Bergarbeiterkolonie der Zeche "Westfalen”. Einige Häuser standen in Flammen.
Diese erste Bombennacht wurde zum damaligen Zeitpunkt von den Koloniebewohnern
nicht als Vorbote einer düsteren Zukunft ernst genommen. Man glaubte an ein
einmaliges Ereignis und meinte, dass lediglich die Luftabwehr nicht aufgepasst
hat. Hunderte von Schaulustigen, selbst aus Münster kommend, pilgerten in die
Kolonie, um sich die Bombentrichter mit Gänsehaut im Nacken einmal anzusehen.
Keiner konnte ahnen, das 44 weitere Bombenangriffe bis zum Kriegsende folgen
würden, denen insgesamt 295 Menschen - Männer, Frauen und Kinder - zum Opfer
fielen.
Donnerstag, der 23. März 1944, wurde zum Schicksalstag für viele Bürger der
Stadt. Gegen 11 Uhr vormittags griffen englische Flugzeuge die Zeche und die
umliegenden Wohngebiete an. Viele Bewohner dachten noch, dass sie auch diesmal
wieder weiterfliegen würden. Eine 18jährige Bergarbeiterfrau erzählte, dass
viele ahnungslos aus den Fenstern geschaut hätten, um die weißen Streifen am
Himmel zu sehen. Fast 1.000 Bomben fielen in kurzer Zeit. Nach nur 24 Minuten
bot die Zechensiedlung ein Bild der Zerstörung. Ein Zeitzeuge berichtete: "Eine
eisige Stille im gesamten Wohngebiet! Alles ist wie ausgestorben, ein
Stadtviertel ohne Leben, aber voll vom Grauen der Zerstörung. Tote und
Bewusstlose liegen auf den Straßen. Von den Trümmern ihrer Wohnungen sind
Menschen verschüttet Auf dem Zechenplatz ereilt Fuhrleute der Tod und Pferde
verenden im Geschirr. Keine Fernsprechverbindung! Kein Strom! Kein Gas! Kein
Wasser!”
188 Menschen starben an diesem Tag, darunter allein 14 Kinder, die im
Klassenzimmer der Diesterwegschule umkamen. Von den 1.298 Zechenwohnungen
wurden mehr als die Hälfte zerstört oder stark beschädigt. 600 Menschen waren
obdachlos. Für sie wurden Behelfsheime gebaut und eine Rationierung der
bewohnbaren Werkswohnungen vorgenommen. Die Hilfsbereitschaft untereinander war
groß, obdachlose und ausgebombte Menschen wurden aufgenommen, später sogar
Flüchtlinge aus Aachen.
Die Toten hat man zunächst in der Alten Pfarrkirche untergebracht. Nach einer
Trauerfeier wurden all diese Toten - darunter ganze Familien - auf dem West-
und Ostfriedhof begraben. Viele von ihnen waren nicht mehr zu identifizieren.
Ein Zeitzeuge erinnerte sich: ”Da haben wir später bei den Aufräumungsarbeiten
manchmal Tote gefunden, die eigentlich schon beerdigt waren. Es war für mich
immer eine furchtbare Sache, wenn wir dann ein Schulkind gefunden hatten, das
den Tornister noch aufhatte und aussah, als ob überhaupt nichts passiert war, -
und wir konnten dann am Tornister sehen, wer´s war. Ich musste dann zu den
Eltern hingehen und ihnen sagen, dass wir ihre Tochter oder ihren Sohn gefunden
haben”. Und es gab Menschen, von denen man nichts mehr gefunden hat.
Der verheerende Bombenangriff vom März 1944 war nicht der letzte Schlag, der
die Zechenkolonie traf. Am 19. September 1944 erfolgte ein weiterer Angriff,
dem 33 Menschen zum Opfer fielen und weiteren 200 Menschen das Obdach nahm.
Zeitzeugen erinnern sich, dass es mittlerweile so war, dass Tiefflieger
regelrecht Jagd auf Menschen machten. Ein normales Leben war in der Stadt eh
nicht mehr möglich. Alle warteten auf das Ende dieses Wahnsinns.....
- "Die Gräber sind uns eine Mahnung,
alle Kräfte für den Frieden einzusetzen!”
Dieser Text ist ein Ergebnis der Projektwoche "Bomben auf Ahlen”, die die
Geschwister-Scholl-Schule in Zusammenarbeit mit der "Ahlener Zeitung” und dem
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1999 durchgeführt hat.